Standard in der Hochseenavigation ist die Satellitennavigation, während Astronavigation die Rolle einer Notfallnavigation hat. Das dabei immer noch praktizierte Verfahren basiert auf einer Arbeit des französischen Fregattenkapitäns Marcq Saint Hilaire. Ohne Frage war das damals eine epochale Leistung und hat die Navigation in der See- und Luftfahrt bis weit ins letzte Jahrhundert hinein geprägt. Die Ironie des Ganzen ist, dass es bis dahin unbekannte Praktiker, ein Seeoffizier und ein Handelskapitän waren, die eine neue Astronomie schufen und damit die diesbezüglichen Arbeiten weltbekannter Wissenschaftler wie Carl Friedrich Gauß und Leonhard Euler beiseite schoben.
Astronavigation als Notfall-Backup zu nutzen, ergibt Sinn. Ein verantwortlicher Seemann wird auf langen Reisen auch in der Navigation auf eine Rückfalloption nicht verzichten wollen. Die See ist kein sicherer Ort und ein Ausfall der elektronischen Navigation würde sein Schiff ins 19. Jahrhundert zurückschicken. Daneben gibt es auch Segler, die Spaß daran hätten, mal mit einem Sextanten zu navigieren, ohne sich gleich den dafür üblichen Lernstress antun zu müssen. In diesem Fall kann nur eine App helfen.
Auf der Suche nach einer dafür geeigneten Computer-App, findet man sich zahlreiche Anwendungen, die jedoch alle auf der Grundlage der Standliniennavigation von Saint Hilaire beruhen. Auch die Literatur und sämtliche Beiträge im Netz deklarieren dieses Verfahren immer noch als das Nonplusultra in der astronomischen Navigation.
Bei meinen Recherchen fand ich jedoch heraus, dass schon im 19. Jahrhundert viele Autoren beklagten, dass die exakten Methoden der Wissenschaftler, Mathematiker und Gelehrten vom Umsichgreifen der neuen grafischen Standlinienmethoden verdrängt werden. Andererseits hätten diese exakten Methoden damals sowieso keine Chance gehabt, denn es gab keine Computer. Ihre Verdrängung hat indes immer noch Bestand, was überwiegend auf die Tatsache von 150 Jahren weltweit erfolgreicher Navigation mit dem Hilaire Verfahren zurückzuführen ist.
Nur so ist erklärbar, dass selbst Entwickler von Computer-Apps glauben, dass es keine bessere Lehre gibt. In der Folge wird dann diese grafische Näherungsmethode auf Computern programmiert, was aber nichts weiter ist, als die Kopie der Arbeit eines Navigators aus der Zeit vor 100 Jahren. Es wurde nicht verstanden, dass der Computer nun endlich das Werkzeug ist, mit dem die mathematisch exakten Methoden realisierbar sind, die im 19. Jahrhundert verworfen werden mussten, weil sie rechnerisch zu aufwendig waren.
Da die analytischen Verfahren zur astronomischen Navigation offensichtlich nicht oder nicht mehr bekannt sind, wurde diese WEB-Seite erstellt. Ihr Inhalt besteht nicht nur in der Beschreibung der analytischen Methoden. Erklärt werden auch die zur Navigation auf See gebrauchten Werkzeuge Sextant und Navigations-App. Natürlich wird auch dargelegt, wie in der App die Positionen der Sonne berechnet werden, wodurch ein Nautisches Jahrbuch überflüssig ist.